Die Corona-Pandemie...
ist schlimm, nervt und schränkt die Menschen ein. Daran gibt es nichts zu rütteln. Aber die eine oder anderen aufgelegten Regeln und Verbote können durchaus auch gute und positive Effekte haben.
Die erste Corona-Infektionswelle ist kaum vorbei und schon ist die zweite Welle da. Gefühlt war dazwischen nur wenig Zeit, in der wir wieder unseren Alltag in fast normalen Bahnen leben konnten. Und nun sind die nächsten Regeln und Verbote für die kommende Zeit da.
Viele denken mit Wehmut an die Zeit, wo es bei der Planung von Weihnachten nicht um die Personenzahl ging, sondern um die Ausrichtung des Weihnachtsfestes, die Geschenke und natürlich auch das Essen.
Eltern, Mitarbeiter, Arbeitgeber, Patienten, Angehörige oder der Privatmensch – jeder ist auf seine Art angehalten, den Alltag umzustrukturieren, sich anzupassen an die aktuell geltenden Bestimmungen. Wir müssen Verzicht, Entbehrungen und Einschränkungen in Kauf nehmen. Sei es das Masken tragen, keine Restaurantbesuch oder die Kontakte die wir einschränken sollen. Dies sind nur ein paar Beispiele zu denen eine Menge dazukommen könnten.
Ich habe mich mit vielen Menschen im privaten Bereich, so wie in meiner Praxisarbeit ausgetauscht und immer wieder konnten wir feststellen, dass diese ganze Krise auch ein paar positive Veränderungen mit sich gebracht hat. Eine große Anzahl von Menschen mit denen ich gesprochen habe, haben seit langen einmal wieder den Fokus auf sich selbst gelegt. Manche mussten es wieder lernen oder erst einmal den Weg dorthin wieder finden. Scheinbar war er abhanden gekommen?
Ich persönlich stelle mir die Frage: Warum jetzt erst? Muss es erst zu einer Krise kommen, um sich wieder um sich selbst zu kümmern? Warum verlieren Menschen sich manchmal selbst? Liegt es daran, dass heute nur Leistung, Erfolg und Anerkennung zählt?
Zunächst hat das soziale „Herunterfahren“ dazu geführt, dass man sich intensiver mit den eigenen Bedürfnissen auseinandersetzen konnte. Für viele gar nicht so einfach. Plötzlich ist Zeit da die gefüllt werden muss. Homeoffice wurde eingerichtet, der Arbeitsweg fiel weg, der Austausch mit Kollegen auch. Die Konzentration liegt plötzlich auf den privaten Bereich und auf einem Selbst, auf Dingen, die einem wichtig sind oder auch nicht.
Der zweite Lockdown gibt uns nun wieder Zeit für reine Selbstfürsorge, für das, was uns begeistert, für unsere Interessen. Der Spaziergang am Morgen am menschenleeren Strand, die warme Badewanne am Abend oder das Telefonat mit Bekannten und Freunden was schon lange aufgeschoben ist.
Und genauso gibt es wieder ein neues Bewusstsein für den engeren Kreis. Zeit zum Nachdenken was man für die Zukunft ändern möchte. Für Familie, Freunde und Bekannte, die in diesen Zeiten zu wichtigen Kontakten werden. Auseinandersetzung mit sich selber, seinen Gedanken und auch Ängsten. Zeit zum Reflektieren und aus alten Mustern auszubrechen, umzudenken und notwendige Entscheidungen zügiger zu treffen oder einfach auf die Zeit nach „Corona“ zu verschieben.
Wir lernen wieder über einen gewissen Zeitraum Ungewissheiten zu ertragen und Entscheidungen aus der Hand zu geben. Man ist bereit Sozialkontakte auch anders zu erleben, was in der Vergangenheit scheinbar nicht machbar war. Die eigene Kreativität wird aktiviert um Sachen auszuprobieren, zu starten oder zu wagen. Wie oft hat man sich früher nicht getraut, andere, neue Weg zu gehen.
Der Lockdown hat die Bereitschaft für digitale Angebote enorm erhöht. Jedoch auch immer mit einer gewissen Skepsis. Homeoffice ist kein Phänomen mehr und Meetings werden per Videokonferenz gehalten, die vorher nur in Präsenz möglich erschienen. Sämtliche sozialen Kanäle werden intensiver genutzt, auch für den Austausch mit Freunden, Familie und sogar auch mit den Großeltern und der Schule der Kinder. eLearning-Angebote haben einen ganz anderen Stellenwert bekommen und haben quasi über Nacht an Akzeptanz gewonnen. Onlinekurse sind aus dem Boden gestampft worden, mal mehr oder weniger gute.
Auch ich habe das Bedürfnis Sachen zu erledigten, die schon lang in meinem Kopf umhergeschwirrt sind. Endlich Zeit zu haben für die vielen liegengebliebenen Dinge. Den Kleiderschrank auszusortieren, die Küchenschubladen endlich mal wieder zu reinigen und so viele andere dringende Erledigungen. Und wahrscheinlich wurden in jeden Haushalt Möbel gerückt und auch das Leben etwas „entrümpelt“.
Bei unseren Freunden nähte die alte Nähmaschine wieder, um dann festzustellen, wie schön eine neue Nähmaschine wäre. Die Mund-Nasenschutze die mit dieser neuen Maschine genäht werden, sind grossartig. Stoffe werden mit Liebe ausgesucht und zwischenzeitlich ist unser Körbchen zu Hause mit wunderschönen Mundschutzen gefüllt.
Bei Einigen wurde der Heimarbeitsplatz endlich vergrößert oder optimiert, um effektiver von zuhause arbeiten zu können. Keiner hatte am Anfang des Jahres geahnt wie lange uns das Homeoffice erhalten bleibt. Ein Ende ist bis zum heutigen Datum nicht abzusehen.
Familien, Mütter, Väter und auch die Großeltern sind ohne Zweifel an ihre Grenzen gestoßen. Sie leisten in dieser Zeit Unglaubliches. Das Familienleben wird teilweise auf eine harte Probe gestellt. Nicht immer begleitet von Harmonie und Freude. Wut und Tränen, Freude und Stolz aber auch Erschöpfung und Traurigkeit spielen jetzt bei vielen Menschen eine große Rolle. Angst bestimmt oft das Bild, gerade bei Menschen die zu der sogenannten Risikogruppe gehören. Aber leider auch Unvernunft, Sorglosigkeit und Egoismus.
Doch diese Zeit hat auch die Chance für mehr Austausch, offenere, ehrliche Kommunikation über die Gefühle eines Einzelnen. Zuhören und Zuwendung, wenn auch ohne Körperkontakt. Vielleicht hat der Lockdown viele von uns aber auch daran gehindert, Gründe vorzuschieben, um unangenehmen Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen und Entscheidungen nicht treffen zu müssen.
Bei mir persönlich hat sich auch Einiges verändert. Ich denke ökologischer. und frage mich: Was benötigen mein Mann und ich wirklich und ist es lebensnotwendig für uns? Unser Konsum ist deutlich eingeschränkt und wir kommen trotzdem damit aus. Erstaunlich wie wenig wir nur noch brauchen. Und trotzdem unser ganz normales Leben leben. Wir sind weniger mit dem Auto unterwegs und überlegen uns wie wir mehrere Erledigungen bündeln können.
Und das Allerschönste an dieser Pandemie: Was freuen wir uns wenn alles wieder seinen „Gang“ geht und die Normalität wieder eingezogen ist!
Trotzdem bleiben die Fragen: Warum habe ich über dieses und jenes früher gemeckert und es nicht probiert zu ändern? Man weiß Familie, Freunde und die Gesundheit wieder viel mehr zu schätzen. Man hat erkannt, welche Menschen einem wichtig sind und wo man in der Zukunft eventuell dran arbeiten müsste oder auch eine Entscheidung treffen muss bei den Kontakten die einem nicht guttun.