Ich hatte schon länger einmal darüber nachgedacht, diesen Blogartikel zu schreiben. Auch in meinem Leben gab es gute und schlechte Erfahrungen mit Freundschaften. Heute habe ich irgendwie viel über meine Freunde nachgedacht. Es gab dafür keinen speziellen Grund. Ich habe mich einfach darüber gefreut, mit manchen von ihnen zu schreiben und mit dem einen oder anderen von ihnen Zeit zu verbringen. Und gleichzeitig habe ich über Freundschaften im Allgemeinen nachgedacht.
Ich habe wunderbare Freunde, über die ich sehr froh bin. Manch einen schon seit vielen, vielen Jahren, wie zum Beispiel meine beste Freundin. Andere erst seit ein paar Jahren oder sogar Monaten. Aber unabhängig von der Zeit, sind sie alle wertvolle, mir lieb gewordene Freunde.
Aber auch ich musste die Erfahrung machen mit weniger guten Freundschaften. Freundschaften, die sich am Anfang gut anfühlten, sich im Laufe der Zeit jedoch in eine Richtung entwickelten, die von mir nicht akzeptiert werden konnte. Und aus hier zu verschweigenden Gründen teilweise auch gefährlich wurden. Freundschaften die geprägt waren von Manipulation und Gewalt. Die dahinter stehende narzisstische Persönlichkeitsstörung oder psychische Erkrankung von mir viel zu spät erkannt. Es gab aber auch Freundschaften, die aus dem einen oder anderen Grund endeten. Manchmal, weil sich die Menschen als etwas anderes heraus stellten, als ich dachte, manchmal weil es sich einfach zerlief oder einfach doch nicht passte.
Über die Jahre habe immer wieder festgestellt, dass ich bestimmte Vorstellungen oder auch „Ansprüche“ an Freundschaft habe. Ich halte dabei nicht viel von oberflächlichen, reinen „Spaß-Freundschaften“ und Freundschaften die sich hauptsächlich über essen definieren. Ich mag eher tiefgründige Freundschaften. Und trotzdem liebe ich Spaß und Lachen in einer Freundschaft und glaube, dass Humor unheimlich wichtig ist. Ich mag echte Freundschaften, mit echten Menschen. Freundschaften, die etwas bedeuten und nicht einfach austauschbar sind, wenn es holperig wird.
Ich möchte mit meinen Freunden über alles reden können. Nicht nur über Belanglosigkeiten, auch über Themen die uns gemeinsam bewegen. Ich möchte alles erfragen dürfen, ohne als neugierig zu gelten. Ich möchte alles über sie und ihr Leben wissen. Über ihre Vergangenheit, ihre Träume und Wünsche. Ihre Ängste und Sorgen. Ihre Stärken und Schwächen. Ich möchte das meine Freunde ehrlich sind, und nicht eine Welt vorspielen, die gar nicht ihre ist. Ich möchte das meine Freunde Interesse an mir zeigen, meiner Familie und meiner beruflichen Tätigkeit.
Was ich aber nicht möchte ... ich möchte nicht mit ihnen in der Vergangenheit leben. Ich möchte nicht Wochen später erfahren, dass sie seit Wochen etwas belastet. Das sie sich seit Wochen Sorgen um die Eltern, die Kinder oder irgendetwas anderes machen. Ich möchte nicht durch Zufall, verpackt in einem Gespräch, erfahren das ihnen diese oder jenes nicht in unser Freundschaft oder meinen Worten gefallen hat. Ich möchte früh erfahren, wenn sie über ein neues Hobby nachdenken oder eine Reise planen. Ich möchte erfahren wenn es gesundheitlich oder finanziell nicht gut läuft und Ängste und Sorgen diesbezüglich da sind. Ich möchte gemeinsam mit ihnen weinen und lachen und nicht auf der Grundlage „ ich frage nicht und erzähle auch nichts“ diese Freundschaft führen. Denn diese Freundschaften haben in meiner Welt keinen Bestand.
Ich möchte in meinen Freundschaften über trauriges genauso wie über fröhliches sprechen. Und egal, wie ernst das Thema auch ist, oft finden wir trotzdem etwas, worüber wir lachen und uns freuen können. Ich halte es für unheimlich wichtig sich gegenseitig aufzubauen und nie die Hoffnung zu verlieren. Und ich möchte, dass man mir zuhört und nicht nach der Einstiegsfrage "Wie geht es dir oder was machst du", sofort unterbricht und die eigenen Geschichten erzählt, ohne Rücksicht und Wahrnehmung meiner Antwort. Wir alle kennen es, die Augen zu verdrehen wenn die eine Freundin anruft um ihre Geschichte loszuwerden ... der andere interessiert nicht.
Bei echten Freunden darf ich meine Schwächen zeigen, muss nicht immer gut gelaunt sein oder etwas darstellen, was ich nicht bin. Wahre Freunde nehmen einen, wie man ist. Mit all seinen Stärken und Schwächen. Ich muss mich vor ihnen nicht schämen einen Fehler einzugestehen. Und ich darf sagen können „Heute kriege ich einfach nichts hin". Ich kann meine Schwächen zeigen, ohne dass sie sich darüber lustig machen oder mich nicht ernst nehmen. Denn sie lieben mich, wie ich bin und wissen, dass meine Stärken, meine Schwächen ausgleichen. Und umgekehrt ist es genauso. Denn perfekt ist keiner von uns.
Für mich bedeutet Freundschaft aber auch, immer füreinander da zu sein, wenn man einander braucht. Freud und Leid miteinander teilen zu können und dabei in Mitgefühl füreinander da zu sein. Das bedeutet, miteinander über das, was uns bewegt reden zu können. Zuzuhören, da zu sein. Den anderen in den Arm zu nehmen, wenn der Tag schlecht war oder man wegen etwas traurig ist. So fühlt sich der andere verstanden, angenommen und weniger allein.
Man könnte sagen, Freundschaft ist ähnlich wie eine Beziehung. Viele Attribute, die ich einer Beziehung zuschreibe, gelten auch für Freundschaften. Ich erwarte auch in einer Freundschaft Ehrlichkeit, Treue, Verlässlichkeit, Zuneigung, Respekt usw., so wie ich das auch in einer Partnerschaft wünsche und erwarte. Gleichzeitig bedeutet es aber auch, dass ich erwarte, dass der andere sich auch Zeit für mich nimmt. Ich wünsche mir dabei zu merken, dass ich ihm wichtig bin. Im Gegenzug darf er dasselbe erwarten. Das heißt nicht, dass man sich rund um die Uhr miteinander beschäftigen muss.
Manche Freunde sieht man wöchentlich oder alle paar Tage. Andere nur alle paar Wochen. Beides ist okay, denn jede Freundschaft ist anders. Wichtig ist nur, dass es für beide Personen stimmig ist und beide wissen, dass sie einander so oder so wichtig sind. Aber gemeinsame Zeit ist wichtig, um die Beziehung zu stärken. Und wie in jeder Beziehung muss man auch an einer Freundschaft arbeiten.
Wahre Freundschaft heißt nicht aufzugeben, wenn es mal schwierig wird. Echte Freundschaft bedeutet, auch mal miteinander streiten zu können, ohne das es bedeutet, dass die Freundschaft endet, nur weil man mal nicht einer Meinung ist.
Natürlich ist Streit blöd, jeder wünscht sich eine harmonische Freundschaft. Aber wir sind nun mal individuelle Menschen mit individuellen Erfahrungen. Es ist wichtig, darüber zu reden, was hinter dem Streit steckt. Denn oft liegt es an eigenen Unsicherheiten. Vielleicht fühlen wir uns nicht mehr so gewertschätzt, weil der andere weniger Zeit hat. Oder wir haben das Gefühl, dass der andere unsere Situation nicht so versteht. Was auch immer es ist, wenn wir darüber reden, können wir den Streit auch wieder beilegen.
Einerseits ist Streit blöd. Andererseits zeigt uns ein Streit aber auch, dass wir einander etwas bedeuten. Würde man sich nichts bedeuten, würde man sich auch nicht verletzt fühlen. Schafft man es, den Streit auszuräumen, bringt das einen noch näher, weil wir uns und unsere Gefühle nun wieder besser verstehen.
Ich selbst bin so ein Mensch, der andere, die er liebt, nicht aufgibt, nur weil es mal holperig wird. Und genau das wünsche ich mir auch in meinen Freundschaften. Es bedeutet aber auch, dass ich anderen verzeihen können muss, wenn sie mal einen Fehler machen. Gleichzeitig heißt das aber nicht, dass ich alles mit mir machen lasse oder eine Freundschaft niemals beende würde. Wenn einem der andere über einen längeren Zeitraum nicht gut tut und sich die Schwierigkeiten auch mit wiederholten Gesprächen nicht aus dem Weg räumen lassen, ist eine Trennung manchmal besser, um auch sich selbst gerecht zu werden.
Jede Freundschaft ist anders, so wie es auch jeder Mensch ist. Mit manchen kann man super Spieleabende machen, mit anderen Unternehmungen, mit anderen teilt man vielleicht spezielle Hobbys und mit wieder anderen kann man dagegen Gespräche führen, die in die Tiefe gehen. Und wenn man ganz viel Glück hat, hat man beides zusammen, gemeinsame Interessen und tiefgehende Gespräche.
Wobei ich von meinen Freunden nicht erwarte, dass sie meine Hobbys teilen müssen. Nichtsdestotrotz freut man sich natürlich, wenn der andere das gleiche Hobby teilt oder auf jedem Fall Interesse zeigt.
Aber so wie das, was man zusammen macht, sehr unterschiedlich sein kann, so ist auch der gemeinsame Zeitrahmen sehr unterschiedlich. Die einen sieht man öfter, die anderen seltener. Manche Freunde würde man vielleicht eher unter gute Bekannte verbuchen, andere wiederum eher unter beste Freunde. Ich denke, jede Art der Freundschaft hat seine Berechtigung, solange es sich für beide Parteien richtig anfühlt.
Jeder definiert Freundschaft anders. Die einen mögen tiefgehende Freundschaften, die anderen halten es lieber locker und oberflächlich. Und beides ist okay. Bei dem einen oder anderen verändert sich das auch mit der Zeit und dem Alter. Letztendlich muss jeder für sich selbst entscheiden, was er oder sie für sich selbst möchte.
Auch wenn ich für mich persönlich der Meinung bin, dass einem nichts so viel gibt wie eine gute Freundschaften, wenn man sich so nah ist, wie es nur geht. Natürlich, das Risiko verletzt zu werden ist größer, wenn man sich darauf einlässt. Aber gleichzeitig hat man eine riesige Chance auf echte Gefühle und Freundschaft. Und das ist das Risiko meiner Meinung nach mehr als wert.
Trotzdem bedeutet wahre Freundschaft für mich in die Tiefe zu gehen, sich zugehörig zueinander zu fühlen und sich nah zu sein, während man sich gleichzeitig den Raum gibt, den jeder braucht, um er selbst zu sein.